Pflegezeit für Angehörige: Was man zur bezahlten Freistellung wissen muss
Eine wichtige Unterstützung für Beschäftigte, die sich um pflegebedürftige Angehörige kümmern müssen, bietet die Pflegezeit. Die Pflegezeit für Angehörige besteht aus drei Säulen, die je nach Bedarf und Situation in Anspruch genommen werden können.
Die erste Säule ist eine zehntägige Auszeit in akuten Pflegesituationen, in der Beschäftigte eine Lohnersatzleistung erhalten, um sich um pflegebedürftige Angehörige zu kümmern. Mit dieser bezahlten Freistellung können unerwartete Pflegesituationen überbrückt werden.
Die zweite Säule, das Pflegezeitgesetz, ermöglicht es Beschäftigten, bis zu sechs Monate ganz oder teilweise aus dem Beruf auszusteigen, um einen nahen Angehörigen zu pflegen. Hierfür steht ein zinsloses Darlehen zur Verfügung, das beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben (BAFzA) beantragt werden kann. Nach Ablauf der Pflegezeit besteht ein Anspruch auf Rückkehr an den Arbeitsplatz in Vollzeit.
Die dritte Säule, die Familienpflegezeit, erweitert diese Möglichkeit auf bis zu 24 Monate, in denen die Arbeitszeit auf 15 Stunden pro Woche reduziert werden kann. Auch hier wird ein zinsloses Darlehen angeboten, um den Verdienstausfall abzufedern. Beschäftigte können Pflegezeit und Familienpflegezeit flexibel kombinieren, um insgesamt bis zu 24 Monate Auszeit für die Pflege von Angehörigen zu nehmen. Die Gesamtdauer beider Maßnahmen darf jedoch 24 Monate nicht überschreiten.
Für die Begleitung eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen in der letzten Lebensphase können Beschäftigte bis zu 3 Monate ganz oder teilweise aus dem Beruf aussteigen. Diese Form der Pflegezeit ermöglicht es, gemeinsam Zeit zu verbringen und den Angehörigen in dieser schwierigen Phase zu unterstützen.
Auch für die Betreuung minderjähriger pflegebedürftiger Angehöriger gelten die gleichen Pflegezeiten wie für erwachsene Angehörige. Voraussetzung für die Freistellung ist allerdings, dass für das Kind ein Pflegegrad anerkannt ist.
Die Pflegezeit und die Familienpflegezeit bieten nicht nur die Möglichkeit, sich um die Bedürfnisse der Angehörigen zu kümmern, sondern auch eine soziale Absicherung und finanzielle Unterstützung, um diese herausfordernde Zeit zu meistern.
Weitere Informationen und Möglichkeiten zur Entlastung pflegender Angehöriger, können Sie hier unter dem Thema: "Wenn pflegende Angehörige nicht mehr können" nachlesen.
Voraussetzungen für die Pflegezeit für Angehörige und Freistellung
Um die Pflegezeit für Angehörige in Anspruch nehmen zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein:
- Es muss sich um die häusliche Pflege eines pflegebedürftigen nahen Angehörigen handeln.
- Nahe Angehörige sind Großeltern, Eltern, Schwiegereltern, Lebenspartner, Geschwister, Kinder und Enkelkinder.
- Eine Bescheinigung der Pflegekasse oder des Medizinischen Dienstes über die Pflegebedürftigkeit des Angehörigen ist erforderlich.
- Die Pflegezeit muss dem Unternehmen schriftlich angekündigt werden.
- Die Ankündigung der Pflegezeit muss mindestens 10 Tage im Voraus unter Angabe des Zeitraums und der geplanten Arbeitszeitreduzierung erfolgen.
- Die Pflegezeit kann nur von sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in Anspruch genommen werden. Ein Rechtsanspruch auf Pflegezeit besteht erst ab einer Betriebsgröße von mehr als 15 Beschäftigten.
Bei einer plötzlich auftretenden, kurzfristigen Pflegesituation mit mindestens Pflegegrad 1 haben nahe Angehörige einen Anspruch auf bis zu 10-tägige Freistellung von der Arbeit, um die Pflege zu organisieren oder sicherzustellen.
Wenn Sie den Pflegebedarf nicht mehr alleine abdecken können, überlegen Sie, ob die sogenannte 24-Stunden-Pflege für Sie in Frage kommt. Die 24-Stunden-Pflege ist eine Betreuungsform für pflegebedürftige Menschen zu Hause. Betreuungskräfte aus Osteuropa,wie beispielsweise polnische Pflegekräfte, ziehen bei den Pflegebedürftigen ein und übernehmen die Grundpflege, die Haushaltsführung und die Alltagsbegleitung.
Wie lange geht die Pflegezeit?
Die Pflegezeit beträgt für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen maximal 6 Monate. Eine Aufteilung der Pflegezeit in mehrere Zeitabschnitte ist nicht möglich. Die Pflegezeit für Angehörige kann nur einmal zusammenhängend in Anspruch genommen werden. Mit der erstmaligen Inanspruchnahme der Pflegezeit erlischt ein weiterer Anspruch auf Pflegezeit. Soll im Anschluss an die Pflegezeit Familienpflegezeit in Anspruch genommen werden, muss dies innerhalb von 3 Monaten, spätestens 8 Wochen vor dem Ende der Pflegezeit, gegenüber dem Unternehmen angekündigt werden. Die Familienpflegezeit muss sich unmittelbar an die Pflegezeit anschließen.
Was gilt für das Gehalt in der Pflegezeit?
Während der pflegebedingten Freistellung erhalten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer je nach Situation unterschiedliche finanzielle Unterstützung:
1. Pflegezeit mit Lohnausfall: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich vollständig freistellen lassen, erhalten vom Arbeitgeber keine Lohnfortzahlung. Um den Lohnausfall abzufedern, besteht jedoch Anspruch auf ein zinsloses Darlehen vom Staat.
2. Teilzeitbeschäftigung während der Pflegezeit: Hier wird ein anteiliges Teilzeitgehalt gezahlt, das vom Arbeitgeber festgelegt wird.
3. Vollzeitbeschäftigung während der Pflegezeit: Der Arbeitgeber zahlt das übliche Arbeitsentgelt für die geleistete Arbeit.
Wer finanzielle Unterstützung benötigt, kann beim Bundesamt für Familie und zivilgesellschaftliche Aufgaben ein zinsloses Darlehen beantragen. Dieses Darlehen beträgt die Hälfte des ausgefallenen durchschnittlichen Nettoarbeitsentgelts und muss nach der Pflegezeit zurückgezahlt werden. Wenn Sie kein Darlehen in Anspruch nehmen möchten und die Pflege nicht allein bewältigen können, können Sie im Rahmen der 24-Stunden-Pflege verschiedene Leistungen der Pflegekassen und staatliche Maßnahmen beantragen. Hier erfahren Sie, wie viel häusliche Pflege kostet und mehr zu den Leistungen der Pflegekasse.
Neben der Pflegezeit und der Familienpflegezeit können Beschäftigte auch eine kurzzeitige Arbeitsverhinderung von bis zu 10 Arbeitstagen im Kalenderjahr in Anspruch nehmen. In diesem Fall haben sie Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld, um den Lohnausfall auszugleichen.
Kündigungsschutz und Versicherung in der Pflegezeit
Für Angehörige besteht während der Pflegezeit ein besonderer Kündigungsschutz. Das Pflegezeitgesetz (§ 5 Abs. 1) regelt, dass der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis von der Ankündigung, höchstens jedoch 12 Wochen vor dem beantragten Beginn, bis zur Beendigung der kurzzeitigen Arbeitsverhinderung oder der Pflegezeit nicht kündigen darf.
Auch die Versicherung der Angehörigen ist genau geregelt. Sie sind während der Pflegezeit über die Pflegeversicherung der pflegebedürftigen Person sozialversichert. Dies gilt für die Unfall-, Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung.
Wie beantrage ich Pflegezeit für Angehörige/ bezahlte Freistellung?
Um Pflegezeit für Angehörige zu beantragen, müssen Sie folgende Schritte beachten:
Schritt 1: Teilen Sie Ihrem Arbeitgeber mindestens 10 Tage vor dem geplanten Beginn der Pflegezeit mit, dass Sie sich für die Pflege eines nahen Angehörigen freistellen lassen möchten.
Schritt 2: Füllen Sie das Formular zur Ankündigung der Pflegezeit nach dem Pflegezeitgesetz aus. Geben Sie Name und Vorname des zu pflegenden Angehörigen sowie das Verwandtschaftsverhältnis an. Geben Sie den Zeitraum an, für den Sie die Pflegezeit in Anspruch nehmen möchten. Dies sollte der Beginn und das Ende der Pflegezeit sein. Wenn Sie während der Pflegezeit Teilzeit arbeiten möchten, geben Sie an, wie viele Stunden Sie bisher pro Woche gearbeitet haben und wie viele Stunden Sie während der Pflegezeit arbeiten möchten. Geben Sie auch an, wie Sie sich die Verteilung Ihrer Arbeitszeit vorstellen.
Schritt 3: Fügen Sie Ihrem Schreiben eine Bescheinigung der Pflegekasse bei, aus der hervorgeht, dass Ihr Angehöriger pflegebedürftig ist. Aus dieser Bescheinigung sollte der Pflegegrad Ihres Angehörigen hervorgehen (mindestens Pflegegrad 1).
Schritt 4: Unterschreiben Sie das Formular und vergewissern Sie sich, dass alle erforderlichen Unterlagen vollständig sind, bevor Sie das Formular bei Ihrem Arbeitgeber einreichen.
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Fazit: Das muss man bei einer Pflegezeit für Angehörige beachten
Die Pflegezeit bietet Berufstätigen die Möglichkeit, ihre Arbeitszeit vorübergehend zu reduzieren oder ganz aus dem Beruf auszusteigen, um die Pflege von Familienangehörigen zu übernehmen. Diese Maßnahme trägt dazu bei, dass Pflegebedürftige die notwendige Unterstützung erhalten und Pflegende die notwendige Flexibilität im Beruf behalten.
Wichtig ist, sich frühzeitig über die Möglichkeiten der Pflegezeit zu informieren, die Voraussetzungen und Versicherungsfragen zu klären und die Pflegezeit rechtzeitig beim Arbeitgeber anzukündigen. Eine Beratung durch die Pflegekasse oder andere Beratungsstellen kann dabei hilfreich sein.
FAQs - Häufige gestellte Fragen
Was ist die Pflegezeit und warum ist sie wichtig?
Die Pflegezeit ermöglicht es Berufstätigen, sich um pflegebedürftige Angehörige zu kümmern, ohne ihren Arbeitsplatz zu verlieren. Diese Zeit ist wichtig, um die notwendige Pflege und Betreuung zu gewährleisten.
Wie lange kann man Pflegezeit in Anspruch nehmen?
Die Pflegezeit beträgt für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen maximal 6 Monate. Die Pflegezeit kann nicht in mehrere Abschnitte aufgeteilt und nur einmal zusammenhängend in Anspruch genommen werden.
Was sind die Voraussetzungen für die Beantragung von Pflegezeit?
Voraussetzung ist die häusliche Pflege eines nahen Angehörigen wie Eltern oder Geschwister, eine Pflegebedürftigkeitsbescheinigung, eine Ankündigungsfrist von mindestens 10 Tagen gegenüber dem Arbeitgeber und die Beschäftigung in einem Betrieb mit mehr als 15 sozialversicherungspflichtig Beschäftigten.
Wie beantrage ich Pflegezeit?
Um Pflegezeit zu beantragen, müssen Sie Ihren Arbeitgeber mindestens 10 Tage vorher informieren und das entsprechende Formular ausfüllen. Außerdem benötigen Sie eine Bescheinigung der Pflegekasse über die Pflegebedürftigkeit des Angehörigen.
Erhalte ich während der Pflegezeit mein Gehalt?
Während der Pflegezeit erhalten Sie je nach Situation eine unterschiedliche finanzielle Unterstützung. Bei einer Vollzeitbeschäftigung erhalten Sie Ihr reguläres Gehalt. Bei einer Teilzeitbeschäftigung wird ein entsprechendes Teilzeitgehalt gezahlt. Bei vollständiger Freistellung erhalten Sie keine Lohnfortzahlung vom Arbeitgeber, können aber ein zinsloses Darlehen beantragen, um den Lohnausfall auszugleichen.
Welche Unterstützung gibt es bei kurzfristigen Pflegesituationen?
Für plötzlich auftretende Pflegesituationen, die mindestens dem Pflegegrad 1 entsprechen, können Sie eine kurzzeitige Freistellung von der Arbeit bis zu 10 Tagen beantragen. Dabei haben Sie Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld, um den Lohnausfall auszugleichen.
Besteht während der Pflegezeit Kündigungsschutz?
Ja, während der Pflegezeit besteht ein besonderer Kündigungsschutz nach dem Pflegezeitgesetz. Ihr Arbeitgeber darf das Arbeitsverhältnis von der Ankündigung bis zum Ende der Pflegezeit nicht kündigen.
Wie ist die Versicherungssituation während der Pflegezeit geregelt?
Während der Pflegezeit sind Sie über die Pflegeversicherung des pflegebedürftigen Angehörigen sozialversichert. Dies umfasst die Unfall-, Renten-, Kranken- und Pflegeversicherung.
Was ist, wenn ich die Pflegezeit nicht allein bewältigen kann?
Wenn Sie die Pflege nicht alleine bewältigen können, haben Sie die Möglichkeit, verschiedene Leistungen der Pflegekassen und staatliche Maßnahmen in Anspruch zu nehmen. Dazu gehören zum Beispiel Leistungen im Rahmen der 24-Stunden-Pflege.
Kann ich die Pflegezeit verlängern?
Die Pflegezeit kann für jeden pflegebedürftigen nahen Angehörigen maximal 6 Monate dauern. Eine Verlängerung ist nur möglich, wenn Sie sich für die Familienpflegezeit entscheiden, die bis zu 24 Monate dauern kann.
Wann muss ich die Pflegezeit bei meinem Arbeitgeber ankündigen?
Wichtig ist, dass Sie die Pflegezeit frühzeitig, mindestens 10 Tage vorher, bei Ihrem Arbeitgeber ankündigen. Dazu sollten Sie alle erforderlichen Unterlagen vollständig bereithalten und das entsprechende Formular ausfüllen.