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Juli 23, 2024

Angehörige pflegen: Hilfe, Tipps & finanzielle Entlastung

Die Pflege von Angehörigen stellt viele Menschen vor große Herausforderungen. Häufig müssen pflegende Angehörige Beruf und Pflege unter einen Hut bringen, was zu enormen zeitlichen und finanziellen Belastungen führt. Dieser Artikel stellt Ihnen die wichtigsten Hilfsangebote vor.
Hilfe für pflegende Angehörige

Eine aktuelle Umfrage des Wissenschaftlichen Instituts der AOK zeigt, dass die zeitliche Belastung für pflegende Tätigkeiten in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist. Im Durchschnitt wenden pflegende Angehörige 49 Stunden pro Woche für die Pflege auf - sechs Stunden mehr als noch 2019. Dies hat direkte Auswirkungen auf die Erwerbstätigkeit, da viele Pflegende ihre Arbeitszeit reduzieren oder ganz aufgeben müssen.

Auch die finanzielle Belastung ist trotz höherer Leistungen der Pflegeversicherung gestiegen. Der Eigenanteil ist von knapp 200 Euro pro Monat auf 290 Euro pro Monat im Jahr 2019 gestiegen. Dies zeigt, dass die Pflege trotz höherer Zuschläge und Unterstützungsleistungen für viele Familien zu einer großen finanziellen Herausforderung geworden ist. Hinzu kommt, die Intensivpflege Kosten für viele kaum zu stemmen. Für Angehörige, die mit einem plötzlichen Pflegefall konfrontiert werden, stellt dies eine enorme Belastung dar.

Muss ich meinen Angehörigen pflegen?

Viele Menschen stellen sich die Frage, ob sie gesetzlich verpflichtet sind, einen Angehörigen zu pflegen. Grundsätzlich gibt es in Deutschland keine gesetzliche Verpflichtung, die Pflege eines Angehörigen persönlich zu übernehmen. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) sieht zwar eine Unterhaltspflicht zwischen Verwandten in gerader Linie vor, diese bezieht sich jedoch in erster Linie auf die finanzielle Unterstützung und nicht auf die tatsächliche Pflegeleistung.

In der Praxis bedeutet dies, dass niemand gezwungen werden kann, selbst Pflegeaufgaben zu übernehmen. Stattdessen kann die Organisation der Pflege durch professionelle Kräfte oder die Unterbringung in einem Pflegeheim in Betracht gezogen werden. Dennoch entscheiden sich viele Angehörige freiwillig für die Pflege, oft aus emotionalen und familiären Gründen.

Dabei ist es wichtig, sich über die eigenen Grenzen und Möglichkeiten im Klaren zu sein. Wer sich entscheidet, die Pflege selbst zu übernehmen, sollte sich über Unterstützungsangebote und Entlastungsmöglichkeiten informieren, um eine Überlastung zu vermeiden. Hier kann es hilfreich sein, sich frühzeitig mit der Pflegekasse oder Beratungsstellen in Verbindung zu setzen, um die bestmögliche Unterstützung zu erhalten.

Pflegewissen erlernen

Pflegende Angehörige müssen sich oft erst das nötige Wissen aneignen, bevor sie die Pflege übernehmen. Hier sind einige Möglichkeiten, wie Sie sich vorbereiten können:

Pflegekurse

Pflegekurse bieten eine strukturierte Möglichkeit, grundlegende und spezielle Pflegekenntnisse zu erwerben. Ihre Pflegekasse ist gesetzlich verpflichtet Pflegeschulungen kostenlos anzubieten. Die Kurse umfassen Themen wie z.B. Körperpflege, Lagerungstechniken und Umgang mit Hilfsmitteln. Auf Wunsch können Pflegekurse auch zu Hause oder online durchgeführt werden.

Neben den Grundlagen der häuslichen Pflege bieten Pflegekassen auch krankheitsspezifische Kurse an. Dabei geht es unter anderem um die richtige Betreuung und Pflege von Menschen mit Demenz, mit Multipler Sklerose, mit Morbus Parkinson, nach einem Schlaganfall oder um die Pflege von pflegebedürftigen Kindern.

Lokale Pflegeberatungen

Eine Pflegeberatung ist individuell auf Ihre Situation zugeschnitten und bietet praktische Tipps und Unterstützung bei der Organisation der Versorgung. Pflegeberater helfen auch bei der Beantragung von Leistungen und geben Hinweise zu rechtlichen und finanziellen Fragen. Außerdem können Sie sich über nützliche Hilfsmittel wie gratis Pflegehilfsmittel informieren.

Online-Ressourcen und Literatur

Zahlreiche Websites bieten nützliche Informationen zum Thema Pflege an. Diese Seiten sind hilfreich, wenn man sich über die Pflege älterer Menschen im Allgemeinen oder über bestimmte Krankheitsbilder und Pflegemethoden informieren möchte.

Empfehlenswert finden wir die Inhalte von:

Erfahrungsaustausch

Der Austausch mit anderen pflegenden Angehörigen kann wertvolle Einblicke und Unterstützung bieten. Selbsthilfegruppen oder Online-Communities sind gute Plattformen, um Erfahrungen auszutauschen und voneinander zu lernen.

So vereinbaren Sie Pflege und Beruf

Die Vereinbarkeit von Pflege und Beruf stellt viele pflegende Angehörige vor große Herausforderungen. Es gibt jedoch verschiedene gesetzliche Regelungen und Unterstützungsangebote, die diesen Balanceakt erleichtern können.

Kurzzeitige Arbeitsverhinderung

Bei einem plötzlich Pflegefall können sich Angehörige bis zu zehn Arbeitstage von der Arbeit freistellen lassen. Diese Zeit dient dazu, eine bedarfsgerechte Pflege zu organisieren oder eine pflegerische Versorgung sicherzustellen. Beschäftigte haben in dieser Zeit Anspruch auf Pflegeunterstützungsgeld, eine Lohnersatzleistung, die den Verdienstausfall abfedert.

Pflegezeit - Freistellung bis zu sechs Monaten

Wer einen pflegebedürftigen nahen Angehörigen zu Hause pflegen möchte, kann sich bis zu sechs Monate ganz oder teilweise von der Arbeit freistellen lassen. In dieser Zeit besteht die Möglichkeit, ein zinsloses Darlehen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Anspruch zu nehmen. Auch für die Begleitung eines nahen Angehörigen in der letzten Lebensphase kann eine Freistellung von bis zu drei Monaten in Anspruch genommen werden. Weitere Informationen finden Sie unter Pflegezeit für Angehörige.

Familienpflegezeit - Freistellung bis zu 24 Monaten

Sollte eine längere Pflegezeit erforderlich sein, bietet die Familienpflegezeit die Möglichkeit einer teilweisen Freistellung von bis zu 24 Monaten. Auch hier steht ein zinsloses Darlehen zur Verfügung, um den Lohnausfall abzufedern. Die Regelung gilt auch für die Betreuung minderjähriger pflegebedürftiger Angehöriger.

Nutzen Sie gerne unsere einfach zu bedienenden Formulare, um Anträge auf Familienpflegezeit und auf Begleitung eines Angehörigen in der letzten Lebensphase zu stellen.

Weitere Fördermöglichkeiten

Neben den Freistellungsregelungen gibt es weitere Unterstützungsangebote:

  • Rechtsanspruch und Kündigungsschutz: Beschäftigte genießen Kündigungsschutz, der frühestens 12 Wochen vor dem angekündigten Zeitpunkt beginnt und mit dem Ende der Freistellung endet.
  • Psychologische Betreuung: In Gesprächen mit Psychologen können pflegende Angehörige über ihre Sorgen und Probleme sprechen.
  • Kuraufenthalte: Einige Krankenkassen finanzieren Kuraufenthalte, bei denen der Pflegebedürftige mitreisen kann.
  • Finanzielle Entlastung: Wer einen nahen Angehörigen mit mindestens Pflegegrad 4 zu Hause pflegt und sich aufgrund dieser Tätigkeit in der Pensionsversicherung begünstigt selbst versichert oder weiterversichert hat, erhält einen Angehörigenbonus von 1.500 Euro. Personen, die eine Pflegekarenz oder Pflegeteilzeit in Anspruch nehmen, haben Anspruch auf Pflegekarenzgeld. Die Bezugsdauer beträgt 1 bis 3 Monate und kann bei mehreren Angehörigen auf bis zu 6 Monate verlängert werden. Die Höhe ist einkommensabhängig und beträgt mindestens die monatliche Geringfügigkeitsgrenze (2024: 518,44 Euro).

Hilfe bei der Angehörigen-Pflege

Die Pflege von Angehörigen kann emotional und körperlich belastend sein. Deshalb ist es wichtig, Hilfsangebote zu kennen, die Entlastung bieten.

Ambulanter Pflegedienst

Ein ambulanter Pflegedienst unterstützt bei körperbezogenen Pflegemaßnahmen, pflegerischen Betreuungsaufgaben und der Haushaltsführung. Diese Hilfe ermöglicht es pflegenden Angehörigen, sich regelmäßig eine Auszeit zu nehmen und trotzdem ihre Angehörigen gut versorgt zu wissen.

Teilstationäre Pflege

Die teilstationäre Altenpflege bietet tage- oder stundenweise Betreuung in speziellen Einrichtungen. Diese Möglichkeit eignet sich besonders für Angehörige, die tagsüber Entlastung benötigen und ihre Lieben in einer sicheren Umgebung wissen möchten.

Besuchsdienst

Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer des Besuchsdienstes besuchen pflegebedürftige Menschen und gestalten deren Freizeit. Diese Besuche bieten nicht nur soziale Kontakte, sondern ermöglichen es den Angehörigen auch, ihren eigenen Verpflichtungen nachzukommen.

24-Stunden Pflege

Die häusliche Pflege (sog. 24-Stunden Pflege) ist eine Form der Betreuung pflegebedürftiger Menschen in der eigenen Wohnung. Ausländische Betreuungskräfte aus Osteuropa ziehen bei den Pflegebedürftigen ein und übernehmen die Grundpflege, die Haushaltsführung und die Alltagsbegleitung und ermöglichen so die Altenpflege zu Hause.

Pflegeheim

Wenn die Pflege zu Hause nicht mehr möglich ist, bietet die Unterbringung in einem Pflegeheim professionelle Pflege, eine umfassende Betreuung und soziale Kontakte. Hier werden Pflegebedürftige in einem fachlichen Umfeld rundum versorgt.

Durch diese vielfältigen Angebote können pflegende Angehörige den Spagat zwischen Pflege und eigener Lebensgestaltung besser bewältigen.

Finanzierung und Vergütung der Pflege von Angehörigen

Die Pflege von Angehörigen kann finanziell sehr belastend sein, aber es gibt verschiedene Unterstützungs- und Finanzierungsmöglichkeiten, die diese Belastung verringern können. Hier erfahren Sie, welche finanziellen Hilfen und Absicherungen Ihnen zur Verfügung stehen.

Pflegegeld

Für die häusliche Pflege von Angehörigen gibt es Pflegegeld, das nach Pflegegraden gestaffelt ist. Es dient zur Deckung der Pflegekosten und wird direkt an die pflegenden Angehörigen ausbezahlt. Die Höhe des Pflegegeldes richtet sich nach der Pflegegrad des Pflegebedürftigen. Weitere Informationen finden Sie unter Kosten der häuslichen Pflege.

Pflegesachleistungen

Zusätzlich zum Pflegegeld können Pflegesachleistungen in Anspruch genommen werden. Diese umfassen spezielle körperbezogene Pflegemaßnahmen und Hilfen bei der Haushaltsführung. Die Sachleistungen werden direkt an die Pflegeeinrichtungen oder Pflegedienste gezahlt, die die entsprechenden Leistungen erbringen.

Verhinderungspflege und Entlastungsleistungen

Verhinderungspflege und Entlastungsleistungen sind eine wichtige Unterstützung für pflegende Angehörige. Die Verhinderungspflege übernimmt die Kosten, wenn die Pflegeperson vorübergehend verhindert ist, zum Beispiel durch Krankheit oder Urlaub. Entlastungsleistungen, die in Form von Geld- oder Sachleistungen erbracht werden, tragen zusätzlich zur Entlastung der pflegenden Angehörigen bei. Nähere Informationen finden Sie unter Entlastungsbudget.

Rente für pflegende Angehörige

Pflegende Angehörige, die einen Menschen mit Pflegegrad 2 bis 5 nicht erwerbsmäßig und unentgeltlich pflegen, sind für die Dauer der Pflege unfall-, arbeitslosen- und rentenversichert. Die Pflege muss in häuslicher Umgebung erfolgen und mindestens 10 Stunden pro Woche umfassen. Unter bestimmten Voraussetzungen haben Pflegepersonen Anspruch auf eine Rente für pflegende Angehörige, deren Beiträge von der Pflegekasse des Pflegebedürftigen übernommen werden.

Durch diese finanziellen Hilfen und Absicherungen können pflegende Angehörige eine bessere Balance zwischen der Pflege und ihren finanziellen Verpflichtungen finden.

Tipps für pflegende Angehörige

Die Pflege von Angehörigen kann eine schwierige Aufgabe sein. Um diese Aufgabe besser bewältigen zu können und sich selbst nicht zu überfordern, gibt es einige hilfreiche Tipps für pflegende Angehörige:

1. Angebote der Kurzzeitpflege nutzen

Wenn Sie vorübergehend Entlastung brauchen, kann die Kurzzeitpflege eine gute Möglichkeit sein. Sie bietet kurzfristige, stationäre Pflegeplätze in Einrichtungen, um eine vorübergehende Auszeit zu ermöglichen. Dies kann besonders hilfreich sein, wenn Sie eine Auszeit brauchen oder unvorhergesehene Ereignisse eintreten.

2. Verhinderungspflege planen

Die Verhinderungspflege hilft, wenn Sie die Pflege vorübergehend nicht übernehmen können, zum Beispiel wegen Krankheit oder Urlaub. Mit dieser Leistung können Sie sich notwendige Auszeiten gönnen, ohne sich um die weitere Pflege kümmern zu müssen.

3. Holen Sie sich Unterstützung

Scheuen Sie sich nicht, Hilfe von außen in Anspruch zu nehmen. Dies kann in Form von ambulanten Pflegediensten, Betreuungshilfen oder spezialisierten Beratungsstellen geschehen. Die Entlastung durch Fachleute erleichtert den Pflegealltag erheblich.

4. Auf die eigene Gesundheit achten

Die Pflege von Angehörigen kann körperlich und seelisch belastend sein. Es ist wichtig, auf sich selbst zu achten und sich regelmäßig Auszeiten zu gönnen. Nutzen Sie Erholungsmöglichkeiten und achten Sie auf eine gesunde Lebensweise, um Ihre eigene Gesundheit zu erhalten.

In Krisensituationen finden pflegende Angehörigen hier schnelle Unterstützung:

5. Informieren sie sich über finanzielle Unterstützung

Nutzen Sie die finanziellen Unterstützungsangebote wie Pflegegeld, Pflegesachleistungen und Entlastungsbudget. Diese können helfen, die finanzielle Belastung durch die Pflege zu reduzieren und zusätzliche Unterstützung bieten.

Mit diesen Tipps können Sie den Pflegealltag besser bewältigen und gleichzeitig Ihre eigene Lebensqualität erhalten.

Fazit: Das sollten Sie als pflegender Angehöriger wissen

Pflegende Angehörige sind eine unverzichtbare Stütze im deutschen Pflegesystem. Die gesetzlichen Regelungen zur besseren Vereinbarkeit von Familie, Pflege und Beruf bieten wichtige Unterstützung, um die immensen Belastungen zu reduzieren und eine ausgewogene Work-Life-Care-Balance zu ermöglichen. Informieren Sie sich über Ihre Rechte und Möglichkeiten, um die Pflege Ihres Angehörigen bestmöglich zu organisieren und dabei Ihre eigene Gesundheit und Berufstätigkeit nicht zu vernachlässigen.

FAQs - Häufige gestellte Fragen

Bin ich gesetzlich verpflichtet, einen Angehörigen zu pflegen?

In Deutschland gibt es keine gesetzliche Verpflichtung zur persönlichen Pflege von Angehörigen. Es gibt zwar eine Unterhaltspflicht nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch, diese bezieht sich aber auf finanzielle Unterstützung und nicht auf die tatsächliche Pflege. Sie können entscheiden, ob Sie die Pflege selbst übernehmen oder sich für Alternativen wie die Betreuung durch Fachkräfte oder die Unterbringung in einem Pflegeheim entscheiden.

Wie kann ich Pflege und Beruf besser vereinbaren?

Sie können Pflegezeit oder Familienpflegezeit in Anspruch nehmen, um sich teilweise oder ganz von der Arbeit freistellen zu lassen. Diese Regelungen ermöglichen es Ihnen, sich auf die Pflege Ihres Angehörigen zu konzentrieren und gleichzeitig finanzielle Unterstützung zu erhalten.

Welche finanziellen Hilfen gibt es speziell für pflegende Angehörige?

Pflegende Angehörige haben Anspruch auf Pflegegeld, Pflegesachleistungen und Verhinderungspflege. Darüber hinaus besteht die Möglichkeit, eine Pflegerente zu erhalten, wenn die Pflege nicht erwerbsmäßig und nicht unentgeltlich erbracht wird.

Wie kann ich mich als pflegender Angehöriger weiterbilden?

Es gibt verschiedene Möglichkeiten der Weiterbildung wie Pflegekurse, Pflegeberatung und den Austausch in Selbsthilfegruppen. Diese Angebote helfen Ihnen, Ihre Pflegekompetenz zu verbessern und Unterstützung bei der Organisation der Pflege zu erhalten.